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Wie virtuelle Simulation, physikalische KI und modulare Automatisierung gemeinsam eine neue Ära der Logistik einläuten
Keine unkontrollierte Verbreitung von Lösungen mehr.

Wie virtuelle Simulation, physikalische KI und modulare Automatisierung gemeinsam eine neue Ära der Logistik einläuten

Wenn Lagerhäuser zu ‘lebendigen’ Ökosystemen werden

Wer den Linde Automation Summit 2025 in Aschaffenburg besucht hat, hat es sofort bemerkt: Die Automatisierung steht an einem Wendepunkt. Es geht nicht mehr nur um ein paar experimentelle Roboter oder isolierte FTS. Was Linde Material Handling an diesen beiden Tagen gezeigt hat, war ein vollständig modernes Systemdenken, das Lagerhäuser in präzise orchestrierte logistische Organismen verwandelt.

Der rote Faden, der sich durch alle Präsentationen zieht? Die Automatisierung ist erwachsen geworden. Und das verändert alles.

Vom manuellen Lagerboden zum cyber-physischen Netzwerk

Der Intralogistiksektor war schon immer sehr dynamisch, aber die Veränderungen, mit denen Unternehmen heute konfrontiert sind, sind struktureller Natur. Der Arbeitskräftemangel ist kein vorübergehendes Phänomen mehr, sondern eine Konstante. Durchlaufzeiten werden kürzer, Bestellungen kleiner, saisonale Spitzen extremer. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass sie ihr Lager nicht einfach nur effizienter gestalten, sondern grundlegend anders organisieren müssen.

Linde’s Summit machte diese Entwicklung greifbar. Nicht in Keynotes voller Schlagworte, sondern in konkreten Deep Dives, Testfällen, Simulationen und Robotern, die ohne großes Aufsehen einfach funktionieren. In einer Welt, in der der Begriff ‘KI’ manchmal mehr verspricht als er hält, war das erfrischend.

Der Fluss ist das Wesentliche

Wer die Präsentationen aufmerksam verfolgte, bemerkte, dass Linde immer wieder ein Thema wiederholte: Bei der Automatisierung geht es nicht mehr um die Technologie selbst, sondern um den Ablauf.
Torsten Rochelmeyer, Senior Director Strategy & Solution Portfolio (Linde), formulierte es so: “Ein AMR, der von A nach B fährt, ist keine Automatisierung. Ein System, das jeden Prozessparameter versteht und optimiert – das ist Automatisierung.”

Diese Vision spiegelte sich in vier klar erkennbaren Säulen wider, die jeweils in die Demonstrationen und Erfahrungsberichte eingebunden waren:

  • Hardware, die für variable Umgebungen geeignet ist;
  • Software, die das Ganze steuert;
  • Digitale Zwillinge, die Risiken beseitigen, bevor sie entstehen;
  • Ein Betriebssystem, das sich selbst immer intelligenter macht.

Das letzte Element erwies sich vielleicht als das revolutionärste. Die Automatisierung hört nicht mit der Inbetriebnahme auf: Sie entwickelt sich weiter, lernt dazu, optimiert sich – manchmal täglich, manchmal saisonal.

Technologie, die Brownfields bewältigen kann

In Europa befinden sich neun von zehn Lagern in bestehenden Gebäuden. Daher funktioniert echte Innovation nur, wenn sie auch dort zum Einsatz kommt. Linde hat gezeigt, dass seine Hardware nicht nur für gepflegte Greenfields konzipiert ist, sondern auch mit variablen Lichtverhältnissen, unerwarteten Hindernissen, alter Infrastruktur, Bodenneigungen, saisonaler Hektik, gemischtem Verkehr mit manuellen Staplern usw. zurechtkommt.

Der Linde E-MATIC, der erste automatisierte Gegengewichtsstapler, stach dabei besonders hervor. Nicht weil er futuristisch aussieht, sondern weil er in nahezu jeder gängigen Anwendung eingesetzt werden kann: drinnen, draußen, auf Laderampen, zwischen Regalen, auf Rampen. Die Automatisierung eines Gabelstaplers ist technisch komplex – sie erfordert robuste Sensoren, zusätzliche Sicherheitsebenen und fortschrittliche Navigation. Aber genau hier zeigt Linde seine Reife: ein Fahrzeug, das gleichzeitig zuverlässig, wartungsarm und zukunftssicher ist.

Ebenso auffällig war RoCaP – Lindes Roboter-Case-Picker, der in Zusammenarbeit mit der Drogeriekette ROSSMANN entwickelt wurde. Dieses System kombiniert autonome Navigation mit einem intelligenten Roboterarm, der schwere Aufsatzkisten aus Regalen entnimmt. Keine Science-Fiction, sondern eine direkte Lösung für Arbeitsdruck und Ergonomieprobleme. Interessant: RoCaP funktioniert in bestehenden Regalen und erfordert keine Änderungen an der Infrastruktur. Damit ist es eines der ersten Roboter-Kommissioniersysteme, das effektiv in Brownfields eingesetzt werden kann.

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Echte Skalierbarkeit entsteht erst, wenn die Automatisierung organisatorisch verankert ist.

Wo die wahre Magie liegt: der digitale Zwilling

Auch die Sitzung von Daan Van Schuylenbergh, Head Of Solution Design Automation Business Unit (Linde), und Piotr Kwiatkowski, Solution Design Engineer Automation Business Unit (Linde), war ein echter Augenöffner. Dort wurde deutlich, dass die Zukunft der Automatisierung nicht im Lager beginnt, sondern in einer digitalen Kopie davon.

Mit dem tragbaren 3D-Scanner NavVis VLX lief Piotr durch den Experience Hub. In kürzester Zeit war ein gestochen scharfer, fotorealistischer digitaler Zwilling online. Alles wurde automatisch erfasst. Auf diese Weise können alle denkbaren Szenarien simuliert werden. Denken Sie dabei an Verkehrsströme, Staupunkte, Pick-Routen, Kollisionsrisiken, Pufferzonen, Gangbreiten, Roboterdichte, Durchsatzprognosen usw.

Das Ergebnis ist ein radikal verkürzter Entwurfs- und Konstruktionsprozess. Früher war die Inbetriebnahme ein risikoreicher und langwieriger Prozess, bei dem alles live getestet werden musste. Heute erfolgt 80% in einer virtuellen Umgebung, völlig fehlerfrei und sicher.

Dadurch sinkt die Implementierungszeit drastisch. Fehler werden aufgespürt, bevor sie entstehen. Und Unternehmen können endlich Entscheidungen auf der Grundlage von Daten statt Annahmen treffen.

MEGA ist mega!

Der digitale Zwilling steht nicht für sich allein – er bildet den Kern einer viel größeren Transformation. Die Muttergesellschaft von Linde, die KION Group, ging nämlich eine strategische Allianz mit Accenture und NVIDIA ein. Gemeinsam entwickelten sie MEGA, was für Metaverse for Engineering, Guidance & Autonomy steht. Keine klassische Softwareplattform, sondern ein architektonischer Entwurf für physische KI in der Intralogistik.

Bei MEGA werden Roboter nicht mehr ausschließlich in der Realität getestet. Sie werden virtuell in Tausenden von Szenarien trainiert, die von wechselnden Auftragsprofilen bis hin zu blockierten Gängen und ungewöhnlichem menschlichen Verhalten reichen. Die Simulationsleistung von NVIDIA Omniverse ermöglicht es, in wenigen Minuten zu berechnen, was früher Wochen gedauert hat, und macht ROI-Schätzungen und Projektplanungen wesentlich zuverlässiger.

Entscheidend ist, dass der digitale Zwilling ständig mit dem realen Lager verbunden bleibt. Sensoren senden Feedback-Daten an die Simulation, die dann optimierte Einstellungen an die physische Umgebung zurücksendet. So entsteht ein geschlossenes System, das kontinuierlich lernt, Anpassungen vornimmt und mit den sich ändernden Bedingungen mitwächst. Das Lager ist damit keine statische Anlage mehr, sondern ein selbstlernender logistischer Organismus.

MEGA macht aus der Automatisierung keine Ansammlung von Geräten, sondern eine zusammenhängende Systemarchitektur – ein Fundament, auf dem Unternehmen in den kommenden Jahrzehnten weiter aufbauen können.

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MATIC:move ermöglicht skalierbare, modulare Automatisierung – ideal für Unternehmen, die schrittweise wachsen möchten.

Das Orchester, das alles zusammenbringt

Wenn Hardware die Muskeln und digitale Zwillinge das Gehirn sind, dann ist die Software der Dirigent. Die MATIC:move-Plattform ist nicht nur stabil und schnell, sondern auch für heterogene Flotten konzipiert:

  • AGVs verschiedener Marken,
  • AMRs mit anderen Protokollen,
  • Förderbandschnittstellen,
  • Stationäre Automatisierung,
  • WMS- und ERP-Anbindungen.

Während klassische Systeme oft isoliert sind, fungiert MATIC:move als Schnittstelle. Eine Low-Code-Schnittstelle ermöglicht die visuelle Gestaltung von Arbeitsabläufen. Für komplexe Vorgänge gibt es MATIC:move+, das Verkehrsmanagement und die Integration verschiedener Anbieter bewältigen kann.

Das Wesentliche: Automatisierung muss nicht immer ‘alles oder nichts’ sein. Mit MATIC:move ist eine skalierbare, modulare Automatisierung möglich – perfekt für Unternehmen, die schrittweise wachsen möchten.

Sicherheit und Akzeptanz als Voraussetzungen für den Erfolg

Ein auffälliges Konstante auf dem Summit war der Aspekt ‘Human First’. Obwohl die Technologie beeindruckend war, lag ein starker Fokus auf Sicherheit und Change Management. Luca Borg, Logistik-Experte (ROSSMANN), berichtete, wie das Unternehmen seine Mitarbeiter bewusst in den RoCaP-Prozess einbezog. Nicht mit großen Kampagnen, sondern mit transparenten Erklärungen, Echtzeit-Demos, ergonomischem Mehrwert, klaren Sicherheitserläuterungen, direkter Interaktion mit dem Roboter usw.

Das Ergebnis: Die Mitarbeiter sahen den Roboter nicht als Bedrohung, sondern als physische Hilfe. Vor allem, weil RoCaP konsequent die schwersten Kartons übernimmt.

Dabei wurde auch deutlich, dass Sicherheit nicht verhandelbar ist. Die Fahrzeuge von Linde arbeiten mit mehreren Sensoren, redundanten Bremssystemen, deutlichen Lichtsignalen und sicheren Haltezonen. Gemischter Verkehr – die Realität in fast jedem Lager – wurde mehrmals live demonstriert.

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Automatisierung ist nur dann erfolgreich, wenn Unternehmen nicht projektbezogen denken, sondern systemisch, auf der Grundlage eines durchdachten Satzes von Kriterien, Standards und Partnerschaften.

Die Beschleunigung: Was wir vom Ansatz eines Global Players lernen können

Einer der aufschlussreichsten Beiträge während des Summits kam von Dr. Oliver Zuchowski, Leiter Intralogistik-Automatisierung (Bosch), und Matthias Koblitz, Senior Automation Consultant (Bosch). Ihr Vortrag machte deutlich, dass Automatisierung nur dann erfolgreich ist, wenn Unternehmen nicht projektbezogen denken, sondern systemisch, auf der Grundlage eines durchdachten Satzes von Kriterien, Standards und Partnerschaften.

Sie berichteten, wie Bosch sich von ‘Automatisierungsprojekten’ zu einem ausgereiften Automatisierungsframework entwickelt hat, das europaweit eingeführt wird. Keine unkontrollierte Verbreitung von Lösungen mehr, sondern vordefinierte Auswahlkriterien, ein zentralisierter Partnerkatalog, ein klares Entscheidungsmodell und – vor allem – eine radikale Verkürzung der Projektdurchlaufzeiten.

Dieser Ansatz, der intern als „Pitstop-Methode” bekannt ist, reduziert Zeitverluste in jeder Phase eines Projekts: von der Bedarfsanalyse bis zur Inbetriebnahme. Zuchowski betonte, dass echte Skalierbarkeit erst dann entsteht, wenn die Automatisierung organisatorisch verankert ist. Wenn es eine klare Governance gibt. Wenn alle Beteiligten dieselbe Sprache sprechen. Wenn die Technologie standardisiert wird, ohne die Flexibilität für lokale Optimierungen zu verlieren.

Der Durchbruch der Systemautomatisierung

Was nach zwei Tagen in Aschaffenburg letztlich hängen bleibt, ist, wie Automatisierung allmählich die Form einer vollwertigen Unternehmensarchitektur annimmt. Unternehmen, die das Tempo vorgeben, haben gezeigt, dass die größte Beschleunigung erst dann eintritt, wenn Technologie, Prozesse und Organisation in einem kohärenten Rahmen zusammengeführt werden. Die Erkenntnisse zu Auswahlkriterien, Partnerkatalogen und der Pitstop-Methodik veranschaulichen, wie ausgereifte Automatisierung aussieht, wenn sie durch klare Governance getragen wird.

Digitale Zwillinge und Omniverse-Technologie ermöglichen es, Fehler zu beseitigen, bevor sie überhaupt entstehen. Projekte werden kürzer, vorhersehbarer und weniger abhängig von Trial-and-Error. Und Lösungen wie der Case Picker oder der automatisierte Gabelstapler beweisen, dass Automatisierung nicht nur neuen Standorten vorbehalten ist, sondern auch in bestehenden Infrastrukturen rentabel sein kann – ohne hohe Investitionen.

Es ist dieser rote Faden, der den Summit so beeindruckend gemacht hat: Die Automatisierung entwickelt sich von einzelnen Geräten zu einem skalierbaren, strategischen System, das kontinuierlich lernt und mit der Komplexität moderner Lieferketten mitwächst.

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