81.400 Euro. Das ist die durchschnittliche Wertschöpfung, die ein Arbeitnehmer in der Transport- und Logistikbranche im Jahr 2023 erzielt. Auf den ersten Blick eine schöne Zahl, aber nichts ist so, wie es scheint. Denn unser Produktivitätswachstum stottert seit einigen Jahren, und das führt zusammen mit unserem Lohnkostennachteil zu einer nachlassenden Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Nachbarländern. Nach Ansicht von Jeroen Franssen, Senior Expert Talent, Labour Market & Organisation bei Agoria, muss sich der Logistiksektor mehr denn je auf technologische Lösungen konzentrieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Agoria, der belgische Arbeitgeberverband für Technologieunternehmen, hat Zahlen zusammengetragen, die zeigen, dass der Transport- und Logistiksektor in unserem Land im Jahr 2023 einen Umsatz von 23,5 Milliarden Euro erwirtschaftet hat. "Gleichzeitig lag die durchschnittliche Wertschöpfung pro Arbeitnehmer bei 81.400 Euro", so Jeroen Franssen. "Wenn wir beide Parameter - Produktion und Produktivität - gegenüberstellen, waren im vergangenen Jahr rund 290.000 Arbeitskräfte nötig, um die Arbeit zu erledigen."
"Für die kommenden Jahre prognostizieren unter anderem die Belgische Nationalbank und das Planungsbüro eine durchschnittliche Wachstumsrate von 1,5 Prozent pro Jahr für den Transport- und Logistiksektor", so Jeroen weiter. Man geht davon aus, dass der Umsatz des Sektors im Jahr 2030 26 Milliarden Euro erreichen und der Produktivitätsbeitrag pro Arbeitnehmer auf 85.000 Euro ansteigen wird. Bis 2030 erwarten wir einen Zuwachs von etwa 15.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen in der Transport- und Logistikbranche".
Eine weitere auffällige Beobachtung: die starke Widerstandsfähigkeit des Logistiksektors - und damit der gesamten belgischen Wirtschaft und des Arbeitsmarktes. Trotz der zahlreichen Krisenzeiten in den letzten Jahren, die sich auch heute noch auswirken, zeigt der Sektor eine enorme Widerstandsfähigkeit. "Zwischen 2017 und 2022 wuchs die belgische Wirtschaft inflationsbereinigt weiterhin um 1,5 Prozent pro Jahr. Auch die Zahl der in diesem Zeitraum geschaffenen Arbeitsplätze - 414.000 zusätzliche Stellen - ist bemerkenswert", betont Jeroen. Dennoch, so der Arbeitsmarktexperte von Agoria, zeichnen sich am wirtschaftlichen Horizont auch dunkle Wolken ab. "Die Arbeitsproduktivität in Belgien wächst nicht mehr. In den letzten sechs Jahren haben wir eine Stagnation erlebt und im Vergleich zu anderen EU-Ländern an Boden verloren. Diese stagnierende Produktivität - auch im Logistiksektor - stellt ein doppeltes Problem dar. Einerseits macht sie die Unternehmen ausschließlich von zusätzlichen Arbeitskräften abhängig, um den gleichen Umsatz zu erzielen, während die Gruppe der Menschen im erwerbsfähigen Alter aufgrund unseres demografischen Modells in den kommenden Jahren schrumpfen wird. Andererseits werden unsere belgischen Unternehmen gegenüber ausländischen Akteuren weniger wettbewerbsfähig. Wir müssen alles tun, um die Position Flanderns als internationale Logistikdrehscheibe weiter auszubauen." Eine weitere besorgniserregende Beobachtung, so Jeroen: "Obwohl wir eine steigende Beschäftigungsquote in unserem Land verzeichnen, sehen wir einen noch stärkeren Anstieg in Europa. Unsere Beschäftigungslücke wird immer größer. Und dennoch verzeichnen wir zusammen mit Österreich den höchsten Anteil an offenen Stellen aller europäischen Länder. 4,8 Prozent! Das bekommen zweifellos auch unsere Transport- und Logistikunternehmen zu spüren."
Der wettbewerbsfähige Einsatz von Logistikern ist und bleibt also die Botschaft. Laut Jeroen gibt es hier mehrere mögliche Lösungen. "Ich denke dabei natürlich an technologische Lösungen wie Automatisierung, Digitalisierung und Robotisierung, aber auch an die Rationalisierung von Produktions- und Wertschöpfungsketten und Prozessinnovation. Was die Einstellung von Arbeitskräften betrifft, so stelle ich fest, dass sich unser Arbeitsmarkt zu sehr auf den Mangel an hochqualifizierten Arbeitskräften konzentriert. Dabei sind Jobs, die kein Studium voraussetzen - und davon gibt es in der Logistikbranche viele - ein noch größerer Engpass, denn rechnerisch kommt auf eine offene Stelle nicht einmal mehr ein Arbeitssuchender."
Durch den Einsatz innovativer Software und Technologien - von WMS bis zu autonomen Fahrzeugen und von Exoskeletten bis zum VR-Training - kann der Logistiksektor (weiterhin) eine herausragende Rolle bei der Schaffung eines sozial korrekten und technologiegestützten Arbeitsumfelds spielen. "Investitionen in diese neuen Anwendungen werden dafür sorgen, dass die Arbeitsplätze in der Logistik und im Transportwesen sicher, praktikabel und anspruchsvoll sind", sagt Jeroen. "Mehr Komfort für die Mitarbeiter, verbunden mit einer geringeren Fehlerquote und weniger sich wiederholenden Aufgaben. Das ist eine ideale und notwendige Voraussetzung, um die Produktivität pro Mitarbeiter weiter zu steigern!