Von Wim Vermeir, Experte für Lagerhaltung bei Exotec
Zu Beginn des Herbstes dreht sich alles um neue Kollektionen, aufstrebende Designer und die neuesten Trends. Während sich die Europäischen Modewochen in den letzten Wochen auf die Kreativität konzentriert haben, kämpft ein anderer Teil der Branche mit zunehmendem Druck: die Logistik. Die für den Verbraucher unsichtbaren Lagerhäuser sind durch das Wachstum der Modeindustrie und die hohen Erwartungen der Verbraucher überlastet.
Eine vierköpfige europäische Familie kauft im Durchschnitt etwa 76 kg Textilien pro Jahr, von Handtüchern über Kleidung bis hin zu Bettzeug.[1]. Das bedeutet, dass jedes Jahr Milliarden von Kilogramm an Produkten auf den Markt kommen.
Um mit dieser Nachfrage Schritt zu halten, bringen die Marken neue Produkte schneller denn je auf den Markt. Fast Fashion gibt den Ton an, aber auch die traditionellen Marken haben sich dem Rhythmus der ständig wechselnden Kollektionen angeschlossen. Das Ergebnis ist ein Einzelhandelssystem, das ständig im Fluss ist, und eine Logistikkette, die der Zeit hinterherhinkt.
Hinzu kommt der Rückfluss. In keinem Sektor gibt es so viele Rücksendungen wie in der Mode: online drei- bis viermal häufiger als bei physischen Käufen[2]. Die Kunden bestellen mehrere Größen auf einmal, geben Artikel nach einmaligem Tragen zurück oder ändern ihre Meinung doch noch.
Lange Zeit erleichterten die Marken dieses Verhalten, indem sie die Rückgabe einfach und kostenlos machten. Das hat den Verbrauchern Vertrauen gegeben, aber die Kosten sind inzwischen zu hoch geworden. Große Unternehmen wie Zara, Asos und Uniqlo erheben daher inzwischen Rücksendegebühren, ebenso wie die vielen kleinen unabhängigen Unternehmen, die sich die Kosten für ihren Webshop oder ihr Geschäft sonst nicht leisten können. Ein klares Signal, dass das derzeitige System an seine Grenzen gestoßen ist.
Die Lagerhäuser bekommen die Auswirkungen am unmittelbarsten zu spüren. Im Gegensatz zu den Lieferungen der Lieferanten sind die Rücksendungen fragmentiert: ein Artikel nach dem anderen, unter verschiedenen Umständen, und sie kommen unvorhersehbar an. Jeder Artikel muss geprüft und bearbeitet werden, bevor er wieder in den Bestand aufgenommen werden kann. In Einrichtungen, die ohnehin schon mit Platzmangel, Personalknappheit und knappen Fristen zu kämpfen haben, führt dies zu Ineffizienzen.
Ohne Automatisierung bedeuten Retouren mehr manuelle Arbeit, mehr Lagerfläche und mehr Arbeitsschritte für die Mitarbeiter. Die Produktivität sinkt, während die Erwartungen der Kunden in Bezug auf die Geschwindigkeit steigen weiter an und die Arbeitskapazität sinkt.
Aus diesem Grund setzen immer mehr Unternehmen auf automatisierte Systeme. Diese helfen den Lagern, flexibler mit unvorhersehbaren Rückflüssen umzugehen und gleichzeitig effizient zu bleiben. Denken Sie an schnellen Zugriff auf alle Artikel, Ware-zur-Person-Lösungen, die unnötige Bewegungen verhindern, und kompakte vertikale Lagersysteme, die Platz sparen.
Dabei geht es nicht nur um die Geschwindigkeit von Fast Fashion. Die Automatisierung ermöglicht auch die reibungslose Einbindung von Retouren in den Tagesablauf, was bei manueller Arbeit kaum möglich ist.
Der Druck wird durch die europäischen Vorschriften weiter erhöht. Die Vernichtung von unverkauften Modeartikeln ist nicht mehr erlaubt. Das bedeutet, dass mehr Produkte in die Lager zurückkehren, sowohl aus den Geschäften als auch von den Kunden, in der Erwartung, dass sie durch Wiederverkauf, Recycling oder den wachsenden Second-Hand-Markt ein zweites Leben erhalten.
Lagerhäuser wandeln sich somit von statischen Lagern zu dynamischen Drehscheiben für Umverteilung und Kreislaufwirtschaft.
Während die Einzelhändler ihre neuesten Kollektionen in vollem Umfang präsentieren, verändert sich hinter den Kulissen auch die logistische Seite der Mode. Für die Marken wird es immer klarer: Die Zukunft der Mode liegt nicht nur im Design, sondern ebenso sehr in einer effizienten und nachhaltigen Logistik.
Das Thema Nachhaltigkeit rückt überall auf die Tagesordnung. Die Amsterdamer Modewoche führte Anfang September in Zusammenarbeit mit der Kopenhagener Modewoche einen Nachhaltigkeitsrahmen ein. Gleichzeitig leitet die Universität Antwerpen ein europäisches Konsortium, das KMU dabei hilft, nach dem Kreislaufprinzip zu arbeiten. Diese Initiativen unterstreichen eine gemeinsame Realität: Die Zukunft der Mode liegt ebenso in einer intelligenteren Logistik wie in nachhaltigem Design.
[1] Bericht der Europäischen Umweltagentur vom März 2025 in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum VITO
[2] Zurück zum Absender: Wie die Mode ihre Lagerhäuser überdenken muss.